Donnerstag, 10 November 2005 23:19

Feuerwehren übten am DB-Ausbildungszug

SCHWEINFURT - Bereits seit 13 Jahren ist er jährlich 42 Wochen unterwegs: Der in Fulda stationierte Ausbildungszug der Deutschen Bahn, der jetzt erstmals am Schweinfurter Hauptbahnhof den Feuerwehren zur Verfügung stand.

Es sind drei Wagons - zwei Kessel- und ein Personenwagen - an denen die Feuerwehren üben können. Vorher war einiges an Hintergrundwissen zu erfahren. "Vierachsige Kesselwagen im Ganzzug - da kommen leicht über tausend Tonnen Gefahrgut zusammen", so Horst Fächner von der Deutschen Bahn. Bei den Feuerwehren sei die Brandbekämpfung an Zügen bekannt. Über Gefahrguteinsätze bei der Bahn lägen dagegen kaum Erfahrungen vor. Daher gebe es Fortbildungen an den Feuerwehrschulen oder vor Ort durch einen Notfallmanager.

Fächner erklärte die unterschiedlichen Typen von Kesselwagen, die zum Teil von privaten Gesellschaften vermietet werden. Da viele Anbieter auf dem Markt sind, gebe es über 200 verschiedene Typen von Armaturen an den Waggons. Vieles könnten die Feuerwehren daher gar nicht wissen. Über die Wagennummer könne man alles identifizieren. Eine zweite Möglichkeit, etwas heraus zu bekommen, gelänge über den Bahnkilometer. Die Notfallleitstellen verfügten über Transportlisten. Railion-Notdienst und der Gefahrgutbeauftragte der Bahn helfen weiter. Weitere Unterstützung gebe es durch TUIS, das "Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem" der chemischen Industrie. Diese werde vom örtlichen Einsatzleiter verständigt. TUIS bietet Hilfe in drei Stufen an: Telefonische Beratung, Beratung am Unfallort und technische Hilfe am Unfallort.

"Pro Jahr sind es etwa 40 bis 60 Zwischenfälle", erklärt Ingo Piersig. Hierbei handele es sich meist um einen Austritt in Tropfenform. So um die 150 Liter Stoff könnten hierbei auslaufen. Bei der Gefährlichkeit komme es immer auf den Stoff an, betonte Piersig. Dass auch dies nicht ohne ist, zeigte ein Gefahrguteinsatz dieses Frühjahr auf dem Bahnhof in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Hier war aus einem 11.000 Liter fassenden Kesselwagen Trimethylcyclohexan, ein leicht entzündlicher Stoff, ausgelaufen. Der Boden im Umkreis von zehn Metern um den Kesselwagen war beim Eintreffen der Feuerwehr bereits verseucht. Fast zwölf Stunden dauerte der Feuerwehreinsatz. Hundert Liter Schaummittel und 300 Kilogramm Ölbinder wurden verbraucht.

"Undichtheiten am Ventil sind in der Regel die Ursachen für das Freisetzen von gefährlichen Stoffen", so Piersig. In einem begehbaren Kesselwagen zeigte er den Feuerwehrleuten 65 verschiedenartige Ventilverschlüsse. In einen solchen 12,80 m langen Wagen passen bis zu 86.000 Liter Heizöl. "So lange der Kessel bei einem Unfall ganz bleibt, ist er dicht", betonte der Bahn-Ausbilder. Weiter warnte er, erst auf einen Kesselwagen zu gehen, wenn die Oberleitung abgeschaltet und geerdet ist.

Dass das Abdichten eines Lecks an einem Kesselwagen nicht so einfach ist, zeigten die praktischen Übungen am Zug. Hierbei muss im Ernstfall beachtet werden, dass es sich um ein Gefahrgut handeln kann, das im Zweifelsfall unter Vollschutzanzug gesichert werden muss. Zum Abdichten eines Lecks kommen Dichtkissen oder ganz einfache Holzkeile zum Einsatz. Gleichzeitig muss der auslaufende Stoff aufgefangen werden, Brandgefahr und Gefährlichkeit erkundet werden. Richtig schwierig wird es, wenn ein solcher Zwischenfall nicht in einem Bahnhof, sondern auf freier Strecke, die recht unzugänglich ist, passiert.

 

Fleißig geübt haben am Ausbildungszug "Gefahrgut" der Deutschen Bahn die Freiwilligen Feuerwehren aus Bergrheinfeld, Schonungen und Werneck sowie die Freiwillige Feuerwehr Schweinfurt und die Werksfeuerwehren der Großbetriebe. Einen Tag stand der Zug den Feuerwehren aus dem Hassbergkreis zur Verfügung. Das Bild zeigt eine Leckabdichtung mittels Dichtkissen.

Bericht und Foto: Horst Fröhling

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